Freitagabend habe ich einen  Werbespot mit Günter Jauch
 gesehen dem zu entnehmen war, dass die Krombacher Brauerei
 und der WWF ein beispielloses Projekt zur Rettung des Urwaldes
 ins Leben gerufen haben:
 Für jeden getrunkenen Kasten Krombacher Bier werden sie 1m²
 Urwald retten.
 
 In mir erwachte sofort der bisher tief in meinem Innersten
 verborgen gewesene Naturfreund und Umweltschützer
 und so beschloss ich, auch meinen Beitrag zur Rettung der
 Urwälder zu leisten.
 
 Während ich so mit der Rettung des einen oder anderen
 Quadratmeters Regenwald beschäftigt war, kam meine Frau nach
 Hause. Bei der anschließend geführten, hitzigen Debatte mit ihr
 machte ich vermutlich die gleiche Erfahrung wie Tausende
 andere Umweltschützer vor mir auch: Ich stieß auf völliges
 Unverständnis. Der Urwald schien ihr völlig egal, mein
 Engagement für die Natur und das Leben aller Menschen lehnte
 sie völlig ab. Sie wollte nicht verstehen, dass man eine so große
 Aktion wie die Rettung der Natur nicht aufschieben kann, ganz
 gleich, ob es erst Vormittag ist oder nicht.
 
 Da sie in keinster Weise einsichtig war und man(n) bereit sein
 muss, für die Vollbringung solcher Taten Opfer zu bringen, verließ
 ich das Haus.
 
 Niedergeschlagen, nein traurig, lief ich zunächst ziellos umher.
 Angst beschlich meine Gedanken. Angst um die Wälder.
 Verzweiflung machte sich tief in meinem Inneren breit, denn
 mit jeder verstrichenen Minute hätte
 ich wieder einige Quadratzentimeter unwiederbringlicher Natur
 retten können. Die Angst schnürte meine Kehle zu, die
 Verzweiflung ließ meinen Hals austrocknen.
 
 Wie groß war da meine Freude, als ich unerwartet auf eine
 Versammlung gleichgesinnter Umweltaktivisten traf! Ich erkannte
 sie sofort, denn als Zeichen ihrer Verbundenheit hielten sie alle
 eine Flasche Krombacher in der Hand, die sie demonstrativ
 leerten.
 
 Schnell nahmen sie mich in ihre Mitte auf und so erfuhr ich sehr
 bald, dass einige von ihnen sich bereits seit Jahren mit der
 Rettung ganzer Kontinente beschäftigen, unbeachtet von der
 Öffentlichkeit, genau hier, an diesem Kiosk! Ich bewunderte die
 Zeichen ihres teilweise jahrelangen Kampfes: Die von den
 Entbehrungen ausgemergelten Körper, die zum Aufforsten nötigen,
 prallen Bäuche, den Geruch nach Jahrtausende altem
 Urwaldboden, die mannigfaltigen Insekten und ich übersah auch
 nicht, dass sich einige beim Kampf um die Natur wohl die Zähne
 ausgebissen hatten.
 
 Nachdem wir zusammen eine ungefähr tennisplatzgroße Fläche
 natürlichen Urwaldes gerettet hatten, stellte ich fest, dass der
 Schutz und die Rettung der Umwelt ihren Tribut zollten. Durch
 das lange Stehen schmerzten meine Füße, die Waden krampften,
 selbst die Zunge war durch die langen Debatten in ihrer
 Funktionsweise beeinträchtigt: Ich hatte immer größere Mühen
 beim Aussprechen der großen Buchstaben eines Satzes oder
 Wortes. Aus diesem Grund beschloss ich, die Versammlung zu
 verlassen und machte michauf die Suche nach weiteren
 Mitstreitern.
 
 In einer Gaststätte ganz in der Nähe wurde ich dann auch sofort
 wieder fündig: Gut ein halbes Dutzend Umweltler hatte sich dort
 eingefunden und arbeitete hier im Verborgenen an der Rettung der
 natürlichen Ressourcen. Schnell war ich aufgenommen. Ich war
 gerührt als der Wirt meine Hand nahm und mir sagte: "Junge,
 rette den Urwald, wir zählen auf Dich", und orderte die vierte
 Lokalrunde um unsere Aktion voranzutreiben. Da die anderen
 Gäste darauf bestanden, neben dem Urwald auch zusätzlich
 Gebiete wie die Sahara, die Wüste Gobi und den Rheingau wieder
 aufzuforsten und somit auch den Aufbau des heimischen
 Waldbestandes zu unterstützen, bleib mir nichts anderes übrig,
 als zu der Runde noch Jägermeister  zu ordern.
 
 Ganz schwindlig war mir vor Stolz und Glück, als ich viel später
 die Kneipe verließ. Plötzlich sah ich die Welt mit anderen Augen!
 Leicht verschwommen zwar, aber dafür sah, nein fühlte ich, dass
 sich unsere gute Mutter Erde drehte. Nicht gleichmäßig und in
 eine Richtung, nein, es wareneher ruckartige Bewegungen in
 abwechselnde Richtungen.
 
 Welch eine Erfahrung! Vor Glück taumelnd lief ich zu meinem
 Auto und beschloss, einen Demonstrationszug durch die Kneipen
 der Innenstadt durchzuführen, um die vielen, anderen Menschen
 auf die Probleme aufmerksam zu machen.
 
 So fuhr ich in Richtung Stadt und war gerade einem Ozonloch
 ausgewichen als ich am Straßenrand einen Streifenwagen
 entdeckte. Auf der Fahrbahn standen mehrere Polizisten und
 schauten in meine Richtung.
 Sie mussten von meinem Vorhaben erfahren haben, denn sie
 hielten  gezielt mein Fahrzeug an.
 Von Vorkontrollen bei Demonstrationen hatte ich ja bereits
 gehört, war aber dennoch verwundert, wie schnell sich das
 rumgesprochen hatte.
 
 Nachdem ich angehalten und aus meinem Wagen gestiegen war,
 entschloss ich mich zu einer spontanen Sitzblockade auf der
 Straße. Wenn ich im Nachhinein darüber nachdenke, war es kein
 rationell erklärbare Aktion, eher ein Zwang meines
 Unterbewusstseins. Ich saß und mein Körper weigerte
 sich, wieder aufzustehen. Mir widerfuhr das gleiche Schicksal wie
 Sitzblockierern in Brockdorf oder entlang der Castor-Strecke: Ich
 wurde durch die Polizisten weggetragen. Auch sie wollten den
 Ernst der Lage nicht verstehen, obwohl ich sie immer wieder
 darüber aufklärte.
 
 Später, auf dem Revier erschien dann endlich ein vernünftiger
 Mensch. Er hörte sich mein Problem in aller Ruhe und sichtbar
 interessiert an und erklärte mir dann, dass er die Anzahl der von
 mir geretteten Bäume feststellen wolle. Ich hätte den Schutz der
 Umwelt quasi im Blut und er bräuchte aus diesem Grund etwas
 davon. Ich war glücklich, diesen verständnisvollen Menschen
 getroffen zuhaben. Mein Engagement würde amtlich festgehalten
 und der Nachwelt erhalten! Dafür gab ich ihm gerne mein Blut.
 
 Wenig später befand ich mich zu Fuß auf dem Weg nach Hause.
 Meinen Wagen hatten die netten Beamten behalten, damit er
 durch seine Abgase nicht alle meine Bemühungen wieder zerstört,
 wie sie mir erklärten. Auch haben sie mir fest versprochen, nach
 dem Recyclingverfahren aus meinem Führerschein ein
 Flugblatt zur Unterstützung der Rettungsaktion zu machen.
 
 Froh und mit der Gewissheit, etwas Großartiges getan zu haben
 ging ich dann nach Hause. Unterwegs rettete ich an der
 Tankstelle noch ein paar Pflänzchen und erinnerte mich an eine
 alte Weisheit der Indianer.

 Erst, wenn die letzte Ölplattform versenkt,
 die letzte Tankstelle geschlossen,
 das letzte Auto stillgelegt,
 die letzte Autobahn begrünt ist,
 werdet ihr feststellen, dass Greenpeace nachts kein Bier verkauft.
 
 In diesem Sinne wünsche ich einen frohen Tag.
 
 Ich geh jetzt erst mal arbeiten und in der besagten Zeit noch
 mal`n bisschen Wald retten.